Die Deutschsprachige Debattierliga (DDL) ist der Zusammenschluss dezentral organisierter Debattierturniere im deutschsprachigen Raum zu einem gemeinsamen ganzjährigen Wettbewerb. Gewertet werden die Leistungen von Clubs, Rednern und Juroren.
Das Regelwerk der DDL findet sich hier, Kontaktaufnahme mit den Koordinatoren Mareike Steiner und Justus Raimann ist jederzeit per E-Mail möglich.

Samstag, 16. Dezember 2017

Von waffeln, singenden Sternchen und Dystopien: Der Traditionscup im schwarzen Walde

“Find what you love and let it kill you.” Ausschließlich diese banale Lebensweisheit kann einen auf die völlig bescheuerte Idee bringen, von Hamburg aus mit dem Nachtzug 11 Stunden nach Freiburg zu fahren. Dort 34 Stunden Turnier zu erleben. Um dann mit dem Nachtzug zurück, 13 Stunden nach Hamburg zu fahren. 
Hat es sich gelohnt?
Auf jeden Fall.
Was uns fröhliche Debattierer dort nämlich erwartete waren spannende, kontroverse Themen über Leben und Tod, Waffeln, Freunde die die Waffeln im Herzen trugen, und ein allgemein exzellent organisiertes Turnier. Und natürlich ein episches musikalisches Duell der Stars.

Bereits am frühen Morgen erwarteten die Chefjuroren, dass wir uns emotional in das Mindset eine Diktators hineinversetzten. (DH, als Kim Jong Un, würde Nordkoreas Atomwaffen aufgeben, wenn im Gegenzug die wesentlichen Sanktionen gegen Nordkorea aufgehoben würden.) Vielleicht nicht die dümmste Aufgabenstellung bei akutem Schlafmangel. Was auf jeden Fall half waren freundliche Mitdebattanten, die nochmal kurz die Zusammenhänge des komplexen Problems dahinter erklärten ("Atomraketen kann man nicht aus Legos bauen.”) Die Chefjuroren - Marius, der einmalige Jannis und Samuel Scheuer der sein Début machte-hatten sich für diesen Cup eine Innovation ausgedacht: Das Motion Debriefing (http://www.achteminute.de/20171122/motion-debriefings-was-sie-sollen-und-koennen/). Hierbei skizzierten die Chefjuroren mögliche Strategien, die Teams annehmen könnten. Ob sich diese internationale Mode nun auch auf deutschen Turnieren durchsetzten wird, wird sich zeigen. Die Stimmen auf der Achten Minute schienen eher gemischter Natur zu sein. Ob wir von der DDL einen Trend weg von mehr Keksen, hin zu mehr Inhaltsreflexion wirklich gutheißen können, sei mal dahingestellt. Wie um sich für diese ganzen Inhalten zu entschuldigen, haben uns die Chefjuroren indes mit wunderbaren Fake-Themen versorgt, most notably: DH als Nicki Minaj bereut die Industrialisierung. Thematisch nicht zu weit entfernt von Diktatoren ging es in der zweiten Runde weiter mit Rechten und Pflichten von Mütter und Vätern. (DHW werdenden Eltern erlauben, die Mutter- bzw. Vaterschaft in dem Zeitraum, in dem eine Abtreibung möglich ist, aufzugeben.) Und auch die dritte Runde ging dystopisch weiter. Samuel frug sich anscheinend: “Hat das mit dem Kinder kriegen überhaupt einen Sinn?” und gab die Frage mal direkt ans Plenum weiter. (Es existiert ein höchst ansteckender Virus, der 95% seiner Opfer unfruchtbar macht. Die Kinder der 5% der Infizierten, die nicht unfruchtbar werden, sind immun gegen den Virus. Der Virus wurde weltweit freigesetzt. Ihr seid die einzigen, die ihn noch aufhalten können; DHW den Virus nicht aufhalten.) Wir als Regierung stellten klar fest, dass wir sowieso zu viele von diesen Schreidinger haben und die neue Goldene Generation, die dann kommt und viel ruhiger, verantwortungsvoller und gebildeter ist als alles was wir gerade haben. Was sollen Oppositionen auch schon gegen so gut gepflegte Misanthropie sagen?

Während die zwanzig Teams auf dem Turnier fleißig bewiesen haben, dass sie in jedem Themengebiet in der Lage sind auch ohne Sachverstand zu klugscheißen, so stellte sich indes auf der Party heraus, dass da noch Nachholbedarf in musischen Fächern ist. Das Singstar-Duell von Münster und der Rederei zeigte noch einiges an Lücken auf in Sache musikalischer Begabung. (Lukas: “Hier geht es zur Sofa-Lounge und im Stockwerk drüber findet ihr den Singstar-Raum.”, Anna: “Singstar!!”, Jakobus: “Anna, das ist jetzt nicht dein Ernst?”) Auch wenn Jakobus natürlich eine wunderbare Singstimme hat - war er nicht in der Lage das Programm glücklich zu machen, im Gegensatz zu Christoph, der die Münsteraner Ehre zusammen mit Phillip, Anton und Johannes glorreich verteidigte. Nur gut dass Anna da war, sonst wäre die Rederei komplett untergegangen -aber auch sie konnte das Schiff nicht retten und so ging es 3-1 für Münster aus. 
Generationenwechsel können in der Tat schmerzhaft sein
Aber mal was anderes. Wusstet ihr, dass Schlafmangel auf einem Turnier nicht von selbst verschwindet? Meine Übermüdung konnten wir am nächsten Tag erst an IS-Kämpfern auslassen (DHG, dass humanitäre NGOs ISIS-Kämpfer nicht medizinisch behandeln sollten.) - Moral ist was für Schwächlinge - und dann im Finale an Trump. (DH als Führungsriege der Republikanischen Partei würde geschlossen, offensiv und öffentlich Politik gegen Donald Trump machen.) - Warum sollten wir uns unsere schöne Partei von einer Orange kaputt machen lassen?
Nachdem yours truly sich mit einem 2-2-1 Split gegen die herausragend schlagfertige Lara und einer fantastischen Schlussrede von Christof geschlagen geben musste, gab es trotzdem für einen Robodino in Ritterrüstung einen Pokal. Samuel fand den Preis für die beste Rede sollte dieses Mal an den besten Redner des Turniers und nicht des Finales gehen. Ein verdatterter Julius wollte das schon zurückweisen. Aber Lennart kannte die richtig Worte: “Wenn dir jemand einen Pokal gibt, hinterfragt man das nicht.” Er muss es ja wissen. Auch die Juroren gingen wie es neuerdings guter Brauch ist nicht leer aus: Für hervorragende Jurierleistungen während des Turniers wurden Hendrik Sannwald, Sabine Wilke sowie Lennart Lokstein ausgezeichnet.

Alles in einem hat sich der darauf folgende Schlafmangel und die lange Anfahrt gelohnt. Einen besonderen Dank gilt der Orga- und das nicht nur weil sie genug Geduld hatten um mir, die ich nicht einmal oder zweimal- sondern dreimal Dinge irgendwo liegen lassen habe, diese hinterher zu tragen.


Nun schauen wir uns mal an die sich die Tabelle entwickelt. Durch die vielen mixed Teams auf der Tabellenspitze sind die Punkte relativ gleichmäßig verteilt. Die Streitkultur, die BDU und Münster bilden langsam einen Abstand vom Rest und teilen die Plätze auf dem Treppchen unter sich. Ob Heidelberg sie noch einholen kann? Vielleicht eher die One-Man-Show Johannes Meiborg? Spannend bleibt’s! Die Entwicklungszusammenarbeit der Tübinger mit Konstanz scheint sich langsam auszuzahlen, während (fast) alle Hanseaten von den Reisen in den Süden wenig begeistert zu sein scheinen. Immerhin verteidigt eure Koordinatorin den Platz auf der Tabelle.


Johannes erkämpft sich den obersten Platz auf der Rednertabelle, aber noch kann er überholt werden. Rednertabelle? Aber es sind schon 42% Frauen im Top 20! Über diese Entwicklung können wir uns alle freuen, insbesondere Münster und die BDU, die besonders viele starke Debattiererinnen stellen.

Als nächstes kommt der Bericht über das Nikolausturnier. Keine Sorge, der wird in den nächsten Tagen online gestellt!

Sonntag, 3. Dezember 2017

Die Heidelberg Saga, Teil 2: Exklusiv: EINBLICK HINTER DIE KULISSEN

Organisatoren und Helfer sind bekanntlich die glamourösen Stars eines jeden Turniers. Aber wie ticken sie wirklich? Eure DDL-Koordinatorin deckt auf.

“Meinst du, wir haben genug Melonenschnaps?” “Wir haben 5 Liter. Natürlich ist das genug.” “Aber wenn jeder 4 Shots trinkt, reicht das niemals für Alle.” “Wer um Himmels Willen trinkt denn bitteschön 4 Shots Melonenschnaps??!” “Ich zum Beispiel.” “Du bist nun wirklich nicht der Maßstab.” “Du bist selber nicht der Maßstab!”

Diese und ähnlich schlagfertige Perlen der argumentativen Kunst hatte ich das Privileg aus dem Munde der fleißigen Rederei-Organisatoren und Helfern zu hören. Jakobus, Anna und Tim suchten dieses Jahr nach einer guten Ausrede um möglichst viele Freunde einzuladen. Nach dem Motto “Was der DCH kann, können wir schon lange. Natürlich kriegen wir auch ein Zweitagesturnier auf die Reihe!” organisierten sie zum ersten Mal ein zweitägiges Turnier.

So folgten Anfang November 12 Teams ihren Ruf nach Heidelberg um gemeinsam ein wunderbares Wochenende zu verbringen und das Traditionsturnier HeidelBÄM am Neckar zu begehen. Ich vermute sie haben da debattiert. So genau weiß ich das aber nicht. Ich muss mich da auf Hörensagen verlassen. Für euch, werte Leser, habe ich als undercover DDL-Koordinatorin versucht, aus erster Hand herauszufinden, was DDL-Turnier -Organisatoren da eigentlich den ganzen Tag machen. Was ich herausfand war schockierend. Hinter dem glamourösen Image steckt in Wahrheit: HARTE ARBEIT?!?

Lange Stunden harter Arbeit investierten unsere Organisatoren zunächst einmal im Vorfeld des Turniers; endlos lange Diskussionen, ob nun Essen oder Socials wichtiger sind, mussten geführt werden (was glaubst du, werter Leser?). Und plötzlich waren sie dann da, die Freunde auf die sie sich die ganz Zeit gefreut haben und für die sie Mühen investiert haben. Urplötzlich verwandelten die sich aber in eine graue Masse aus der nur die bunten Klamotten der Münsteraner so richtig herausstachen. Was übrig bleibt ist eine Horde an Debattierern die Essen. Essen. Kekse vernichten, Becher umwerfen, ach ne das war ich.- Und für die mussten wir Sport machen, in einem Wettlauf gegen die Zeit. Ab 8 hatten wir eine halbe Stunde Zeit um die Räume aufzubauen (mit freundlicher Hilfe von berliner Seite, danke Moritz :)), das Frühstück aufzubereiten, die Anmeldeliste zum Tabmaster zu bringen. (NIE WIEDER EIN TABRAUM IM OBERSTEN STOCKWERK!!) Menschen zu zählen, (“Kann noch Jemand Kaffee ma-“) plötzlich geht es auch schon los. Während die Redner versuchen, sich über Homöopathie Gedanken zu machen, versuchen wir Helfer uns in der noblen Kunst der Safe-Knackens: Der Beamer funktioniert nicht. Unsere Mission: Besorge die Fernbedienung aus der verschlossenen Truhe mit Zahlenschloss. Wusstet ihr, dass man bei einem Zahlenschloss einfach so lange drehen kann bis es sich öffnet? Also wenn du 40 Minuten drehst zum Beispiel. Time well spent. Schon war es Zeit, als Runner Juroren zu nerven. (“Müsst ihr jetzt noch lange die Punkte in der Linken Kategorie des dritten freien Redners besprechen?” “Ja. Und es geht bestimmt schneller wenn du dabei nervst.” Pah. Auf der DDM haben wir noch über 10 Punkte gemittelt!)

In der zweiten Runden dachten Redner und Juroren über die großen Fragen von Religion und Staat nach. Wir über das Mittagessen. (Das vegane Essen war besser als das normale. Das hat Anna doch absichtlich gemacht!) Außerdem frugen wir uns, wie man bei dem wunderbaren Wetter Menschen auf die Terrasse kriegt. (“Wir sagen ihnen einfach, dass sie in Abwesenheit einer Tür hier durch das Fenster klettern sollen.” “Und dann kommt die Polizei und raided das Debattierturnier.” ”Naja deswegen sind wir ja auch der lustige und nicht der organisierte Club Heidelbergs.”)

Während die Redner in der dritten Runde in die tiefen Eingeweide der Rechtsphilosophie eintauchten, widmeten wir uns den Keksen. Kaum hatte die Aufpasserin Anna sich aus dem Staub gemacht um sinnvolle Dinge zu tun, machten die übrigen Redereibienen sich daran Kekse zu vernichten. (“Und was wenn Anna wissen will wo die Kekspackung abgeblieben ist?!” “Dann sagen wir ihr die Keks-Ninjas sind gekommen. Sie kamen quasi aus dem Nichts und haben uns überwältigt. Und dann sind sie wieder abgehauen… mit dem Keksen.” “Gut. But we gotta get our story straight, wir müssen uns darauf einigen aus welchem Fenster sie geflohen sind.” “Ja. Sonst wirkt das verdächtig”)

Während die Teilnehmer noch überlegten wie man das Deutsche Nationalgefühl hinbiegen könnte, mussten wir in windeseile eine Unmenge an Brote schmieren. Aufräumen, wischen, hoffen, dass die Hausmeister uns nicht frühzeitig rausschmeißen. Kaum waren die Redner fertig, mussten wir sie nach einem kurzen Happen am liebevoll organisierten Buffet, auch schon schweren Herzens aus dem Gebäude werfen, weil es eben nicht anders ging. Nachdem wir alles aufgeräumt und abgewischt hatten, machten wir uns schließlich doch noch auf auf den Weg zu Party und konnten zum ersten Mal an diesem Tag mit den Teilnehmern reden. Ihre Gesichter waren müde aber glücklich. Die Mühe hatte sich gelohnt.

Melonenschnaps wurde fleißig getrunken. Mehr als vier Shots von einigen. Und trotzdem reichte er für alle.

Zwei Tübinger Teams schafften es in das Halbfinale, wurden aber von den bunten münsteraner Damen und dem DCH-Team aufgehalten. Diese standen sich dann in einem furiosen Finale gegenüber. Ergänzt wurde das Finale durch die zwei alten Tübingerhasen Jan und Lennart und durch Jungtalent Viet Hoang Nguyen, der auch sonst mit einem bemerkenswerten 48-Punkte-Schnitt auffiel. Im Finale konnten Johannes, Bene und Angélique die Juroren erfolgreich von einem Selbstauflösungsrecht für den Bundestag überzeugen. Dafür haben sie sogar einen (echten) Blumentopf bekommen.

Besonders aussagekräftig ist die Tabelle nach dem zweiten Turnier noch immer nicht. Eine erfreulich Tendenz lies sich im Tab des Heidelbäms aber feststellen: Durch die münsteraner Damen und Sabine war die Spitze des Tabs dort angemessen weiblich. Weiter so! Das lässt sich auch auf der Rednertabelle bemerken, auf der nun immerhin Platz 10-14 nur von Frauen belegt werden.


Die Teamtabelle dominieren weiterhin bekannte Gesichter. Weiterhin dabei ist die Hansenberger Schule, die sich wacker auf Platz 5 hält und Johannes hat als einsamer Ritter immerhin schon Platz 7 für Bamberg erkämpfen können. Respekt!


("Glaubst du nicht, dass ein Schlussatz fehlt?" "So very proud to propose!" "Das sollte reichen")